Bei dem heutigen Spaziergang durch Hồ Chí Minh wurde eine Sache immer deutlicher: das Leben findet auf bzw. an der Straße statt. Egal ob man sich mitten in der Stadt neben der Kirche Notre Dame befindet, durch kleine Gassen etwas außerhalb des Zentrums schlendert oder an den Hauptverkehrspunkten versucht irgendwie ohne überfahren zu werden über die Straße zu kommen. Es wirkt in der ganzen Stadt, als wären alle Vietnamesinnen und Vietnamesen auf und an der Straße oder zumindest draußen und auf den Beinen.
Ein Grund, warum sich kaum jemand in seiner Wohnung aufhält, ist sicherlich das Klima. Es ist das ganze Jahr sehr warm und teilweise auch extrem schwül. Aber ich glaube eher, dass diese Art zu Leben ein Teil der Mentalität der Menschen ist. Der ganze Tagesablauf spielt sich draußen auf und an der Straße ab.
Auf der Straße merkt man es vor allem an der Menge der Zweiräder: ich schätze, dass das Verhältnis von Rollern, Mopeds und Motorrädern gegenüber Autos 80 zu 20 ist. Im Bild “tennis in the city“, das einen Tennisplatz hoch über der Innenstadt Saigons zeigt, kann man auf der Kreuzung neben den wenigen Autos und drei Bussen die vielen Roller sehen. Das Bild habe ich in einer Bar im Sheraton Hotel im 23. Stockwerk während des Sonnenuntergangs aufgenommen – eine wirklich tolle Bar mit traumhaftem Ausblick über die Stadt.
Der interessantere Teil findet allerdings direkt an den Straßen, auf den Gehsteigen und in den kleinen Gassen statt. Nahezu alle zehn Meter sieht man Vietnamesen die etwas verkaufen wie im Bild “hello mister…” oder beim Essen. Essen auf den Gehsteigen und in den Gassen direkt neben den Häusern scheint hier wirklich die Regel zu sein. In den kleinen Gassen sitzen Kinder, nachdem sie von der Schule zurück gekommen sind und lesen ein Buch oder spielen mit Freunden. Es werden Brettspiele gespielt und die Gehsteige sind nahezu alle von Rollern zugeparkt und blockiert. In Saigon gibt es wirklich kaum Fußgänger und wenn man es wie heute doch versucht, läuft man mehr auf der Straße als auf dem Gehsteig. Sogar schlafen ist bei dem extremen Geräuschpegel und bei mindestens 200 Hupgeräuschen pro Minute möglich (Hupen gehört zu den Verkehrsregeln), wie man im Bild “catnapped” sehen kann – natürlich draußen.
Und doch ist es auch in den Häusern wirklich schön und manchmal sogar angenehm ruhig wie im Bild “sad beauty“, welches ich heute Nachmittag in dem wunderschönen libanesischen Restaurant Warda mitten in der hektischen Stadt aufgenommen habe.
Hier ist dieser Artikel entstanden: Ho Chi Minh City, Prey Nokor, Vietnam.