bird junction

bird junction von hafual auf Flickr ©

leaving the lot

leaving the lot von hafual auf Flickr ©

beach ride

beach ride von hafual auf Flickr ©

in love with the harbor

pay for walking

pay for walking von hafual auf Flickr ©

Ich bin noch nicht in Los Angeles angekommen. Aber was die Amerikaner im Umkreis von 50 Meilen (ca. 80 Kilometer) um diese Metropole gebaut haben, ist wirklich krank. Der Großraum Los Angeles ist eine einzige riesige Stadt. Egal, ob ich von Anaheim nach Pasadena, von Pasadena nach Long Beach oder von Long Beach nach Orange gefahren bin (Abstand jeweils ca. 30 Meilen): ich habe nie gemerkt, dass ich eine Stadt verlassen hätte oder in einer anderen angekommen wäre. Die Städte sehen alle aus wie riesige (wirklich unendlich große) Industriegebiete und nur die historischen Innenstädte, die wie in Orange aus drei kleinen Straßen bestehen, verschaffen der jeweiligen Stadt eine etwas eigene Identität und rechtfertigen überhaupt einen eigenen Namen. Ich frage mich wirklich, wie und ob der Ausbau dieses Gebiets geplant wurde und ob heutzutage immer noch so verschwenderisch und unbedacht weiter gebaut wird. Es ist wirklich beängstigend, dass man hier ohne jegliche Übertreibung alle 0,5 bis 0,8 Meilen einen Starbucks, einen McDonalds, einen Taco Bell und einen Jack in the Box findet. Es gibt so gut wie überhaupt keine Parks, d.h. die Natur ist vollends zerstört. Ich hoffe wirklich, dass sich der Ausbau dieses Gebiets nicht weiter nach Osten ausdehnt, denn die Platzverschwendung, die in der Vergangenheit betrieben wurde, ist unglaublich: Ich schätze, dass ein Drittel des kompletten Gebiets Parkplätze sind. Beispielsweise in Long Beach besteht die Hälfte der Innenstadt aus riesigen Parkplätzen und -häusern. Ein Leben ohne ein Auto ist in diesem weitläufigen Gebiet absolut undenkbar und wahrscheinlich auch unmöglich.
Die einzigen Oasen im Großraum Los Angeles sind die Strände an der Westküste. Im Bild “beach ride” ist der Kontrast zwischen Strand und urbanem Leben dargestellt: im Hintergrund sind ein Parkplatz und einer der weltweit größten Containerhäfen in Long Beach zu sehen. Und auch im Bild “in love with the harbor“, in dem die Dame ihre Heimat genau so liebt wie sie ist, kann man gut erkennen, wie die Menschen hier versuchen ein bisschen Ausgleich zum stressigen Stadtleben zu bekommen und jede noch so kleine Grünfläche dazu nutzen. Und im Bild “pay for walking” wirkt es für mich so, als würde die Dame selbst für das Spazierengehen an den vielen Parkautomaten zahlen müssen. Die Menge an Parkplätzen und Parkautomaten wirkt erdrückend und beängstigend – als würden sie die Frau, die ein wenig gehetzt wirkt, verfolgen.
Und trotzdem ist es schön weil ungewöhnlich, einfach Mal zwei Stunden geradeaus durch eine Stadt zu fahren ohne ein Ende in Sicht. Denn z.B. im Bild “leaving the lot” habe ich in Orange eine Dame in ihrem alten VW Bus beim Ausparken entdeckt. Ich habe dem Bild veränderte Farbtöne gegeben, so dass es wie eine Fotografie aus den 70er Jahren wirkt. Mich erinnert es durch das Vordach des Hauses im Hintergrund auch ein bisschen an Italien und es lädt zum träumen ein.
Ja, sogar die Vögel scheinen sich hier an den Verkehr gewöhnt zu haben, denn im Bild “bird junction“, auf dem ich eine Kreuzung von Stromleitungen als “Vogelkreuzung” aufgenommen habe, befinden sich nur auf der einen “Straße” Vögel. Wahrscheinlich stehen die anderen auf einem Strommast vor einer roten Ampel und warten geduldig darauf weiterfliegen zu können.

 

Im Album “California” findet ihr weitere neue Bilder.

Hier ist dieser Artikel entstanden: Orange, California, United States.


lady's world

lady’s world von hafual auf Flickr ©

calm down on a busy saturday

Ein ganz normaler Samstag Vor- und Nachmittag aus der Sicht eines 43-jährigen Amerikaners in Anaheim, California (Jessy, Familienvater, trägt gerne Holzfällerhemden, verheiratet mit Mary, 3 Kinder: Anna (13), Ralf (8), Jessy Jr. (6)):
Ich wache morgens auf. Es ist 08:13 Uhr, meinen Wecker habe ich verpennt und ich brauche jetzt erstmal ein deftiges Frühstück. “Maaaaaryyyy!” (Keine Antwort) “Maaaaaaaaaarrrryyyyyyyy!!!”. Und plötzlich ruft sie zurück: “Komm doch endlich nach unten – es gibt Dein Leibgericht!”.
“Woah”, denke ich mir, “double pound bacon Burger mit zwei Lagen cheddar cheese zum Frühstück? Yeah, what a day!”. Also gehe ich schnell nach unten. Von meinen drei Kids ist nur der kleinste wach: Jessy Jr. sitzt mit total verschlafenen Augen da und versteht noch nicht einmal mein “Hey, buddy!” richtig. Ich gebe Mary einen Kuss auf die Backe und einen kleinen Klaps auf den Hintern und setze mich zu meinem Burger…aber Moment…wo ist mein Burger? “Mary, wo hast Du meinen double pound bacon Burger mit zwei Lagen cheddar cheese versteckt?”. Mary: “Deinen was? Es gibt heute Müsli mit Früchten, das magst Du doch so gerne und es ist sehr gesund!”
(Zähne knirschend lächle ich. Ich hätte ihr damals, als ich dieses Vegetarier-Frühstück zum ersten Mal aufgesetzt bekommen habe, einfach die Wahrheit sagen sollen. Ich will bacon. Ja, und ich will IMMER bacon! Aber jetzt ist es zu spät, denn ich will ihr ja nicht weh tun wenn ich ihr nach all den Jahren beichte, dass ich eigentlich doch gar nicht auf Müsli mit Früchten stehe.). Also löffle ich “zufrieden” mein Müsli. Denn heute habe ich einen anstrengenden Samstag vor mir: wie jeden Samstag ist heute Shoppingtag. Nach dem Frühstück wecke ich Ralf und Anna, packe alles notwendige in meinen Toyota Pickup und wir fahren los. Heute geht es zum Shoppingcenter in die Ball Road (eine von 4 Malls in Anaheim) – wie jeden 4. Samstag. Dort angekommen gehe ich erstmal zu McDonalds. Ich kaufe zwei Cokes: eine für die Jungs und mich und eine für die Anna und Mary. Die Becher brauchen wir den ganzen Tag, um den McDonalds Coke-Refill zu verwenden. Danach trennen sich die Frauen und die Männer: Anna macht sich mit Mary auf zu den unzähligen Bekleidungsgeschäften (passend dazu das Bild “lady’s world“, welches ein Shoppingparadies für Frauen durch ein Fenster zeigt und die Trennung von Frauen und Männern in diesem Geschäft etwas drastischer darstellt). Und ich schnappe mir Jessy Jr. und Ralf und wir bewegen uns in Richtung Karussell. Die Jungs und ich haben einen Pakt geschlossen: im Shoppingcenter in Anaheim verbringen wir den halben Tag im Vergnügungsbereich, der sehr weit von den Bekleidungsgeschäften für Damen entfernt ist. Und wir erzählen den Frauen in der Familie davon kein Wort. Dieses Spiel ziehen wir schon seit 1,5 Jahren durch und Anna und Mary haben nicht den geringsten Schimmer (Daddy lächelt verschmitzt). Also haben wir Spaß und schaffen es endlich unseren eigenen Rekord im Spiel “Teenage Mutant Ninja Turtles – Endgame with Shredder” mit Michelangelo zu brechen: 1555601 Shredder-Punkte im Vergleich zu 1554549. Meine Jungs und ich sind seit knapp 9 Monaten Rekordhalter und befüllen die Top 10-Liste jeden 4. Samstag wieder mit unserem gemeinsamen Namen: “Who’s your Daddy? Jessy-family!”. Am Nachmittag ist dann Wechsel, Mary nimmt die zwei Jungs zu sich und ich mache mich los mit Anna. Seit sie 13 ist trennen wir uns regelmäßig an den Shoppingnachmittagen und sie trifft sich in den Malls mit ihren Freundinnen. Eine 13-jährige Frau (sie hat mir gesagt ich soll sie Frau und nicht mehr Mädchen nennen) ist wirklich nicht einfach, aber Anna und ich kommen trotzdem sehr gut miteinander klar. Nachdem sie los gezogen ist habe ich endlich die Gelegenheit, meinen double pound bacon Burger mit zwei Lagen cheddar cheese zu kaufen und mich vor die Mall zu setzen (siehe Bild “calm down on a busy saturday“). Ich hole mir noch schnell einen kostenlosen Coke-Refill und dort sitze ich also: auf einer Bank auf einem riesigen Parkplatz mit komischen Palmen und schlechtem Wetter. Aber trotzdem bin ich glücklich. Ich habe meinen Lieblingsburger, kostenlose Coke, eine tolle Frau, 3 coole Kids, heute ist der 4. Samstag mit Vergnügungsbereich und meine Jungs und ich haben den Rekord geknackt. Mein Name ist Jessy und ich bin ein einfacher Mann aus Anaheim. Aber ich liebe mein Leben genau so wie es ist…
Und da heute Samstag ist, treffe ich mich später mit meinen Jungs auf eine große Runde Bowling. Mal sehen, ob ich wie vergangenen Samstag 6 Strikes in einem Spiel schaffen werde. Meine Kugel ist jedenfalls frisch poliert.

Hier ist dieser Artikel entstanden: Pasadena, California, United States.